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Weil du es bist von Sabine Nagel

Sensibler, tiefgründige Roman über einen jungen Mann.

 

Als Fredi und Sascha sich kennenlernen, verlieben sie sich schnell ineinander. Ihre Gefühle füreinander sind stark und die Zeit, die sie miteinander verbringen magisch. Sascha jedoch hadert mit seiner neu erworbenen Behinderung. Erst seit einigen Monaten ist er auf den Rollstuhl angewiesen und er betrauert den unversehrten Körper und das Leben und den unbeschwerten Alltag, die er verloren hat. Kann er Fredis bedingungslose Liebe zulassen, wenn er sich selbst nicht genug liebt?

 

Der Roman ist ausschließlich aus der ersten Sichtund konsequent aus Fredis Perspektive geschrieben. Das mag ich sehr, weil ich mich gerne in einzelne Protagonisten hineinversetzen möchte. In Liebesromanen finde ich das besonders spannend, weil ich als Lesende die Gefühle der Gegenseite lediglich aus den Augen des Protagonisten sehe und einschätzen kann.

 

Obwohl wir nur Fredis Sicht der Dinge kennen, schafft die Autorin das Unglaubliche: Uns ist Sascha in vielen Dingen und Situationen näher. Wir können in seine Gedankenwelt eintauchen, verstehen seine Gefühle. Der Umgang mit seiner Behinderung wird dabei sehr feinfühlig, nah und direkt transportiert. Dass Fredi anders als der Lesende vieles nicht versteht, ist verständlich. Sie ist noch sehr jung. Manchmal habe ich aber doch sehr zusammengezuckt wegen ihrer direkten, manchmal neugierigen Art. Ich wusste schon bevor ich Saschas Antwort las, dass das Konfliktpotenzial hat. Ich spürte manchmal Saschas Schmerzen, weil Fredi manchmal sehr unsensibel und direkt ist.

 

Das Buch ist vier Teile aufgeteilt, wovon ich persönlich Teil 1 und Teil 4 am meisten mochte. Fredi entwickelt sich gefühlt erst ab Teil 3, Sascha, obwohl er behauptet sich nicht entwickelt zu haben, lernt jedoch wesentlich früher. Dass die beiden ihr eigenes Tempo haben, stellt aber kein Problem dar. Sascha musste wegen seines Schicksalsschlags lernen, wie hart das Leben sein kann, wurde er doch recht grob aus seinem eher privilegierten Leben (erfolgreich in der Schule und Studium und im Sport, viele Freund*innen, feste Partnerin) gerissen. Fredi jedoch hat schon früh gelernt, dass sie für etwas kämpfen muss, auch für die Liebe. Ihre Beziehung zu den Eltern ist komplex und sie hat auch eine eigene Persönlichkeit, die ihr den Anschluss in der Schule nicht immer vereinfacht hat.

 

So hadert Sascha mit dem Verlust, während Fredi das tut, was sie schon immer getan hat: Sie kämpft. Und das unmittelbar und direkt.

 

Die beiden Figuren sind somit wirklich toll herausgearbeitet und die ernsthafte Thematik gut recherchiert. Auch den Schreibstil mochte ich sehr, wenn er auch manchmal ähnlich wie Fredi sehr direkt und ungeschmückt ist.

 

Nur sehr wenig hat mich gestört. Ich hätte mir mehr ausgearbeitete Nebenfiguren gewünscht, da diese erst im dritten Teil wichtiger werden, und in den ersten zwei Teilen sehr nebensächlich behandelt werden. Auch aus der Familiendynamik hätte die Autorin noch mehr machen können. Diese ist sehr spannend angelegt, wurde aber noch nicht auserzählt.

 

Dazu aber eine gute Nachricht: Die Autorin schreibt an einem Fortsetzungsband!

 

Hinzu kommen vier bereits veröffentlichte Kurzgeschichten, die dieses Mal aus Saschas Sicht geschrieben wurden. Ein Teil davon habe ich bereits gelesen und ich kann auch dazu meine Empfehlung geben. Es ist spannend, auch mal seine Sicht der Dinge zu erfahren.

 

Ich vergebe 4,5 Punkte und kann das Buch jedem empfehlen, besonders allen, die auf Entwicklungsromane stehen. Natürlich werde ich der Autorin weiter folgen und mindestens den Fortsetzungsband lesen. Danke für das Lesevergnügen!

 

 

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