
Skurrile und schrille Satire mit bissigem Humor und liebevollen Hauptfiguren
Vier Freunde fliegen nach Gran Canaria zur Maspalomas Pride und werfen sich oberflächlich gesehen in die schwule Partyszene, genießen das Nachtleben, viel Alkohol und natürlich kommt es auch zu vielen Spice-Szene. Zwischen den Zeilen geht es aber um sehr viel mehr: Vor allem aber um Freundschaft, aber auch um einen Partytourismus, der zu einem Ende gekommen sein scheint, um die Suche nach der echten Liebe, um die Verteidigung eines Safer Space, der immer wieder gerne von nervigen Heteros und Heteras betreten wird.
Ich mochte die Kombination aus bissigen Humor und den ernsten Tönen innerhalb der Zeilen sehr gerne.
Der Humor ist wirklich sehr scharf, nimmt kaum Rücksicht und schießt besonders gegen Heten, vor allem aber auch gegen die eigene schwule Community. Mir hat er gefallen und ich mochte die skurrilen Momente und schrillen Situationen, in denen sich die Charaktere immer wieder begeben, zum Beispiel als die Hauptfigur eine brennende Zigarette aus dem Auto wirft, zu Recht auf die Gefahr von Waldbrand hingewiesen wird, und das Karma direkt zurückschlägt, als der Fahrtwind die Kippe ins Auto zurückbefördert und die Unterhose des Hauptprotagonisten in Brand steckt. Solche Begebenheiten gibt es zu Hauf in dem Buch.
Zwischen den Zeilen entdecken die aufmerksamen Lesenden viele ernste Botschaften. Hier hat mir zum Beispiel sehr der Gastauftritt der heterosexuellen Frau gefallen, die in den schwulen Safer Space eindringt und sagt, dass sie sich hier wohl fühlt, weil sie sonst ständig an gegrabscht wird (so wahr!), sich dann aber leider nicht benehmen kann und selbst übergriffig wird (so traurig!). Was mir auch gefallen hat, ist der stetige Verfall der Gebäude und der eventuelle Zusammenbruch des Party-Tourismus. Immer wieder wird thematisiert, dass die goldenen Zeiten vorbei zu sein scheinen. Die Inseln können die massenhaften Tourist*innen einfach nicht mehr bewirten, andererseits fällt hier auch ein Safe Space weg, sollte es wirklich zu einem Ende kommen.
Ich war vor einigen Jahren selbst in Cran Canaria und mir ist es auch aufgefallen. Ich war nicht im Nachtleben, da ich mich eher für die Natur interessiert habe, aber ich kann versichern, dass das Trostlose ohne Partyvolk noch extremer wirkt.
Was ich mir noch gewünscht hätte, wäre die Repräsentation von anderen Queeren, das Buch ist voller Schwuler (was ja auch vollkommen in Ordnung ist, das ist Hauptthema des Buches!) und einer Handvoll heterosexuellen Personen, aber es gibt keine Bi-Männer, keine lesbischen Frauen, keine Trans-Personen, obwohl die zur Zeit der Pride doch auch auf Cran Canaria sein müssten. Eine der Hauptfiguren baut gerne Brücken, damit sind aber immer nur die Brücken zu Heteros und Heteras gemeint.
Neben den Hauptfiguren gibt es unglaublich viele Nebenfiguren und dem Autor gelingt es, diese innerhalb einiger weniger Sätze zu charakterisieren, damit bedient er sich natürlich auch Klitsches, spielt mit ihnen aber auch gerne und verwirft sie hin und wieder gekonnt wieder. Richtig klasse! Mir sind dabei besonders der Bayer in Erinnerung geblieben, der bayrisch spricht, gerne aber auch ins Hochdeutsch übergeht, wenn es um was Ernstes geht, und dann der Jung-Schwule, der von seiner Mutter (!) ins Nachtleben geschleust wird und das Paar auf dem Hinflug, die so tolerant wirken, in Wahrheit aber viele Vorurteile im Gepäck haben.
Am allermeisten hat mir gefallen, dass das Hauptthema des Buches Freundschaft ist!
Ich kann das Buch sehr empfehlen an alle, die die Art von Humor mögen, und Geschichten über eine schwule Freundschaftsgruppe mögen. Ich bin jedenfalls sehr gespannt, was der Autor als nächstes schreibt und möchte mich an der Stelle für das Gewinnspiel bedanken, da ich das Buch gewonnen habe. Das hat meine Bewertung jedoch nicht beeinflusst.
Ich vergebe 4,5 Punkte.
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