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Moonlight von Tess Rayleigh

Beeindruckendes Erstlingswerk mit ein paar Schwächen, aber insgesamt überzeugend!

 

Die Autorin Tess Rayleigh war bei ihrem Debüt gerade mal 17 Jahre alt! Alleine das ist wahnsinnig beeindruckend. Und auch das hat mich dazu bewogen, dem Werk eine Chance zu geben. Ich fand die Thematik aber auch spannend: Eine taubblinde Protagonistin, die sich in einen Rockstar verliebt.

 

Luana ist seit der Geburt blind und seit einer Erkrankung taub. Sie ist eine selbstbewusste, lebensfrohe Protagonistin, aber die Kombination aus beiden Behinderungen macht sie sehr einsam. Sie kommuniziert mit Hilfe von Lormen, in dem sie über eine komplizierte Abfolge Buchstaben in die verschiedenen Regionen der Hände malt. Doch außer ihren Eltern und ihrem besten Freund kennt kaum jemand Lormen und ihr bester Freund wohnt weit weg. Flamur ist das genaue Gegenteil von ihr. Er hat es mit seiner Rockband zu einer gewissen Population geschafft und im Gegensatz zu Luana, die sich fast nur in ihrer Wohnung aufhält, ist er fast nie zuhause und ständig auf Tour. Doch er hat eine Gabe ... und mit dieser kann er mit Luana auf eine besondere Art kommunizieren.

 

Die Hälfte der Kapitel sind aus Sicht der Protagonistin geschrieben und ich fand es wirklich sehr beeindruckend, wie gut sich die Autorin in sie hineinversetzen konnte. Geräusche und visuelle Eindrücke werden natürlich nicht beschrieben, stattdessen konzentriert sich die Autorin darauf, was Luana fühlt, wie sie sich mit Hilfe ihrer Hände orientiert, wie sie Menschen einordnet, die auf sie zutreten. Es ist beeindruckend, wie Dinge wie ein Windzug von Luana interpretiert werden. Eine weitere große Stärke ist der Umgang mit der Behinderung. An keiner Stelle wird Luama als bemitleidenswerte Person beschrieben, trotzdem werden die Probleme, die diese zweifache Behinderung mit sich bringt, thematisiert. Dass kaum jemand Lormen kann, macht Luana einsam. Sie hat keinen Kontakt zu anderen Betroffenen, Bücher in Brailleschrift sind teuer, ihre Eltern als ständige Begleitung möchte sie als fast-Erwachsene nicht haben - verständlich.

 

Ca. 40 % der Kapitel sind aus Sicht des Protagonisten Flamur geschrieben und er ist weniger gut ausgemalt als Luana, obwohl ihm die ganze Welt gehört. Doch aus der Tatsache, dass er Rockstar ist, wird wenig gemacht, erst in der Mitte des Buches erfahren wir mehr über seine Umgebung. Zwar steht ihm alles offen, er kann mit Menschen kommunizieren, reisen, wohnt alleine in seiner Wohnung - aber seine Welt wirkt dennoch farbloser. Spannender Aspekt, über den ich immer noch nachdenke.

 

Auch Nebenfiguren erhalten ab der Hälfte des Buches eine größere Präsenz und besonders Arian und Nileyn fand ich hochspannend und die beiden haben das Buch sehr bereichert. Ich hätte mir gewünscht, dass sie deutlich früher in Erscheinung treten. Sie beleben das Buch sehr. Sie sind auch der Grund, warum das Figurenensemble so divers ist, was mir wirklich gut gefallen hat. Neben Luama, die den Lesenden über abelistisch bedingter Diskriminierung aufklärt, haben wir mit Arian einen bisexuellen Charakter und mit Nileyn eine Figur, die aus Syrien kommt und mit den Folgen des Krieges hadert. Wie viel Tiefgang und Vielfalt steckt bitte in diesem Debütbuch einer Siebzehnjährigen? 

 

Die Liebesgeschichte an sich bietet nicht so viel neues und an den Dialogen und dem Plotverlauf merkt man dann auch, dass die Autorin beim Verfassen des Buches noch sehr jung war. Es gibt ein paar Stilschwächen, die Sprache könnte etwas lebendiger sein, der Konflikt zwischen den jungen Leuten etwas subtiler aufgebaut werden und weniger abrupt gelöst werden - aber die Autorin war noch so jung. Ich bin mir sicher, sie wird noch viele gute Bücher schreiben und die Buchbubble mit ihren Ideen begeistern. Sie hat einen sehr guten Start hingelegt. 

 

Ich danke der Autorin für das Schreiben des Buches und kann es empfehlen. Ich wünsche Tess Rayleigh alles Gute für die weitere Zukunft und viel Erfolg mit nachfolgenden Büchern. Ich vergebe 4 Sterne und freue mich auf weitere Bücher der Autorin.

 

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