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Love Education von Elana Bardini

Liebesdrama mit harten Themen, die aber in einem lockeren Ton und vor allem mit Humor und Feingefühl aufgearbeitet werden, inkl. liebevoll eingefügter Nebenfiguren.

 

Dem Autorinnenduo Anna Zabini und Eleanor Bardilac haben sich zusammengetan und Love Education gemeinsam realisiert. Dafür haben sie sich eine gemeinsame Autorinnenidentität gegeben: Elana Bardini. Sie präsentieren ein Liebesdrama, das teilweise sehr heftige Themen aufarbeitet, verpacken es aber in einen lockeren Ton und schaffen den schwierigen Balanceakt zwischen Humor und Feingefühl, Tiefgang und Sarkasmus.

 

Leo beginnt als Quereinsteiger-Lehrer am Gymnasium, nachdem er persönlich einige Krisen erlebt hat. Er ist frisch geschieden von seiner Exfrau, mit der er aber immer noch gut befreundet ist, und hat nach einer gescheiterten Karriere und einer Angststörungsdiagnose dringend nötig, neue berufliche Pfade zu betreten. Doch sein Start am Gymnasium ist weniger schön. Er trifft auf Adam. Adam ist schwul, behindert, und vor allem aber super sarkastisch.

 

Mit Leo und Adam begegnen sich zwei grundverschiedene Männer die beide eine schwierige Vergangenheit und eigentlich mit sich selber genug zu kämpfen haben. Doch sie geraten immer wieder aneinander. Adam, der seine wirklich heftige Hintergrundgeschichte mit Humor und lockerem Umgangston übergeht, ist schnell genervt von Leo, der ganz anders mit seinen inneren Dämonen umgeht: Er beginnt auch einfach mal mitten im Lehrerzimmer zu weinen. Diese Art von Schwäche (bzw. Stärke, Anmerkung der Rezensentin!) erlaubt sich Adam nie und die Lesenden merken schnell, dass Adam Leo zunächst eher lächerlich empfindet. 

 

 

Zu beobachten, wie die beiden umeinander herumkreisen, und sich dabei - eigentlich von beiden ungewollt - immer näher kommen, macht richtig viel Spaß und ich wurde über viele Seite von der Liebesgeschichte sehr unterhalten.

 

Das Cover ist sehr farbenfroh und in einem gezeichneten Stil. Wir sehen Adam und Leo darauf. Auf eine Art die die Gegensätze deutlicher nicht hätte zeigen können. Adam und seine Gehhilfe sind knallig gelb, während Leo in rot gehalten ist. Adam sitzt dabei auf einem Tisch, Leo steht daneben. Zunächst unbemerkt sind die beiden Herzen mitten im Körper, die in den Farben des jeweils anderen gehalten sind. Außerdem zu sehen ist auch ein Kaktus, der eine große Rolle in der Annäherung der beiden Männer spielt und beide Farben ineinander vereint. Der Titel Love Education ist in weiß, zu lesen ist außerdem der raffinierte Untertitel: Wo gehobelt wird, fallen Spä(h)ne. Um die Bedeutung des Untertitels erfassen zu können, mögen sich Neugierige gerne das Buch kaufen und lesen :)

 

Neben einer recht klassischen achillean Enemies to Lovers Geschichte erwarten uns jedoch auch noch die Hintergrundgeschichten der beiden Männer, die ab der zweiten Hälfte des Buches immer wichtiger wird. Dabei ist Adams Vergangenheit wirklich sehr hart ... ich musste wirklich sehr schlucken und mich hat es zwischendurch auch mal ungut erwischt trotz der vielen Inhaltswarnungen, die die Autorinnen vorsorglich vor jedes Kapitel hinzugefügt haben. Zunächst habe ich das als für übertrieben gehalten und mir überlegt, ob nicht auch eine klassische Inhaltswarnung zu Beginn des Buches ausgereicht hätte, doch durch den sarkastischen Unterton und der lockeren Sprache, vergessen Lesende manchmal, wie ernst die Geschichte eigentlich ist. Eine Warnung ist daher meiner Meinung vor jedem Kapitel durchaus sehr hilfreich. 

 

Beeindruckt hat mich außerdem die große Vielfalt an Nebencharakteren. Viele davon sind queer, aber es gibt auch eine jüdische Lehrerin, eine Schülerin mit Hijab und diverse Krankheiten und Behinderungen. Das Thema Barrierefreiheit in Schulen wird auch aktiv angesprochen und gesellschaftskritisch ausgearbeitet. Adams Gehbehinderung und chronische Schmerzen sind Teil der Figur, und charakterisieren ihn auch, aber die Figur entfaltet sich auch anderweitig und wird darauf nicht reduziert. 

 

In den letzten ca. fünfzehn Prozent gibt es ein Vorfall, deren Ausarbeitung mir nicht so gut gefallen hat und wo ich eine kritische Bemerkung einfließen lassen muss. Aus Sicht von Adam ist dieser Vorfall durchaus nachvollziehbar, aber auch Nebenfiguren bestärken ihn, das richtige getan zu haben, zum Beispiel Minka (Leos Schwester, die davon abgesehen mega cool ist!). Ich finde das Autorinnenduo hätte hier eine neutrale Sichtweise wählen müssen und die Nebenfiguren Kritik äußern lassen müssen und besonders darauf hinweisen müssen, wie man mit solch einer Situation besser umgehen sollte. Ich rede hier leider jetzt gerade um den heißen Brei herum, weil ich nicht spoilern will. Vielleicht sehe ich es an der Stelle auch zu kritisch, auf gar keinen Fall ist es für mich Grund, das komplette Buch nicht zu mögen!

 

Der Schreibstil ist ungewöhnlich, aber erfrischend. Das Autorinnenduo wählt eine sehr natürliche, aber außergewöhnliche Art, um zu gendern, was hervorragend zu der ansonst experimentellen Sprache gepasst hat. 

 

Love Education wurde mir von vielen Seiten aus empfohlen und da ich hier ein Buch vorfand, das queere Figuren und behinderte Repräsentation beinhaltet, war ich sofort sehr neugierig. Queere, behinderte Figuren sind so unglaublich selten, auch wenn natürlich behinderte Menschen auch queer sind und Queers eine Behinderung haben können. Ich fand beide Themen gut eingearbeitet, das Thema Behinderung treibt den Plot etwas voran, die queere Repräsentation ist selbstverständlicher eingeflossen. Ich fand es auch wirklich total super, dass wir ein buntes Potpourri an Queerness vorfinden (trans Figuren, poly Figuren, lesbische Figuren etc.).

 

Ich kann das Buch sehr empfehlen! Außerdem würde ich mir wirklich wünschen, dass das Buch noch viel mehr Lesende (oder Leseri ;) findet. Das hätte es wirklich verdient. Die Andeutung, es könnte einen zweiten Teil geben, hat mich sehr erfreut. Ich würde es auf jeden Fall lesen!

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